BGH stärkt Rechte des eigenverwaltenden Schuldners im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO

Der BGH hatte mit Urteil vom 22.11.2018 – IX ZR 167/16 – erstmals Gelegenheit klarzustellen, dass der eigenverwaltende Schuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO nur insoweit Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 2 InsO begründen kann, als er vom Insolvenzgericht ausdrücklich hierzu ermächtigt worden ist.

Im konkreten Fall hatte der Schuldner nach Stellung des Insolvenzantrags unter Anordnung der Eigenverwaltung noch Umsatz- und Lohnsteuern gezahlt (hierfür gab es keine Ermächtigung des Insolvenzgerichts) und das Finanzamt zeitgleich über den Insolvenzantrag informiert („Bösgläubigmachen“). Nach Insolvenzeröffnung forderte der Sachwalter die Zahlbeträge aus dem Gesichtspunkt einer kongruenten Deckungsanfechtung gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO vom beklagten Land zurück. Mit Erfolg.

Das Gericht entschied weiter mit der ganz herrschenden Meinung, dass die Vorschrift des § 55 Abs. 4 InsO auf den eigenverwaltenden Schuldner keine Anwendung findet. Auch eine Analogie scheidet aus, da sich aus den Gesetzesmaterialien gerade keine planwidrige Gesetzeslücke ergibt. Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis, die alleine vom eigenverwaltenden Schuldner begründet werden und somit gerade nicht von einem vorläufigen Insolvenzverwalter, werden von § 55 Abs. 4 InsO nicht erfasst.

In der Praxis können damit die in der Eigenverwaltung gezahlten Steuern nach Insolvenzeröffnung vom Sachwalter wieder zur Masse zurückgefordert werden, was die Liquidität des vom Schuldner fortgeführten Unternehmens stärkt. Das Finanzamt muss seine Steuerforderungen zur Tabelle anmelden und wird beim Abschluss eines Insolvenzplans somit nur mit der Planquote befriedigt.